Beim 4:3-Sieg gegen Wolfsburg nahm Xabi Alonso zahlreiche Änderungen vor. Erst als er diese rückgängig machte, bekam Bayer die Partie in den Griff.
Leverkusens Trainer korrigiert eigene Aufstellung und Systemwahl
Die Rechnung war schnell aufgemacht. Fünf Änderungen hatte Xabi Alonso in seiner Anfangsformation vor dem Wolfsburg-Spiel vorgenommen. Und keine der fünf frischen Kräfte konnte nachher für sich in Anspruch nehmen, die Chance genutzt zu haben, die ihr Trainer ihnen eingeräumt hatte. Im Gegenteil.
Während Nordi Mukiele als Rechtsverteidiger einen rabenschwarzen Tag erwischte und auch Linksverteidiger Jeanuel Belocian, der als zweiter Startelf-Debütant, vor dem 0:1 patzte, leicht als Schwachpunkte ausgemacht werden konnten, bekleckerten sich auch die ebenfalls in die Anfangsformation gerutschten Patrik Schick, Amine Adli und Aleix Garcia nicht unbedingt mit Ruhm.
Aleix Garcia wiederholt zu wenig positionsgetreu
Schick, auch nur selten gut bedient, blieb weitestgehend wirkungslos. Adli gewann zwar einsatzfreudig viele Bälle, brachte seine Anschlussaktionen aber oft nicht zu einem guten Ende. Und Aleix Garcia setzte zwar als Passspieler manchen Akzent und servierte bei Piero Hincapies 3:3 den Eckball punktgenau, doch der Spanier hatte auch einige Fehler in seinem Spiel, passte mal ungenau und agierte wiederholt auf Kosten der Defensive zu wenig positionstreu.
Rundum: Keiner der drei Neuen stach. Die Personalwechsel, zu denen sich Xabi Alonso vor dem Anpfiff entschieden hatte, griffen nicht. Genauso wenig wie sich die Umstellung vom gewohnten 3-4-3 auf ein 4-2-2-2 positiv bemerkbar machte. Nachdem die Wölfe nicht nur beim 0:1 ihre rechte Seite überladen hatte, reagierte Leverkusens Trainer schnell, stellte bereits nach etwa 20 Minuten zurück auf das alte System.
„Unser Spiel war zu verrückt“
Der systematischen folgte auch die personelle Anpassung: Zur Halbzeit mussten Mukiele und Belocian weichen, im Verlauf der zweiten Hälfte Adli, Schick und schließlich auch Aleix Garcia. Xabi Alonso revidierte also schrittweise alle seine Entscheidungen. Ein klarer Fall von zu Beginn zu viel verändert also?
Aus Sicht des 42-Jährigen nicht. „Ich sage immer, dass wir den ganze Kader brauchen. Es können nicht elf Spieler alle Spiele spielen“, argumentierte der Trainer und betonte: „Es war nicht zu viel, aber unser Spiel war zu verrückt.“ Zu frühe Ballverluste, deshalb zu wenig Struktur auf dem Platz, die dem Gegner viele Räume eröffnete. Das Resultat: ein hektisches Spiel, wie es Xabi Alonso nicht gefällt. „Alles war zu schnell, beim Verteidigen und beim Attackieren“, urteilte der Spanier, „das ist etwas, was wir nicht wollen.“
Andrich schmort 90 Minuten auf der Bank
Bayers mangelnde Stabilität in der Defensive mit den Gegentreffern sieben bis neun in dieser Saison aber allein auf die Änderungen in der Startformation zurückzuführen, wäre zu kurz gedacht. Auch wenn Mukiele und Belocian entscheidende Fehler begingen. Auch wenn der 90 Minuten auf der Bank schmorende Robert Andrich als defensives Gewissen und positionstreuer Partner von Chef-Stratege Granit Xhaka auf der Doppelsechs vermisst wurde, auf der Aleix Garcia zu sehr als Freigeist agiert.
Und natürlich kann man die Frage stellen, warum Mukiele nicht schon in der Vorwoche in der Partie bei 1899 Hoffenheim von Beginn an Spielpraxis sammeln durfte, so dass gegen Wolfsburg nicht gleich zwei Akteure der Abwehrkette zum ersten Mal in Bayers Anfangsformation aufgetaucht wären. Steht es doch außer Frage, dass der Trainer im Wechselspiel zwischen Liga und Champions League darauf angewiesen sein wird, im großen Rahmen rotieren zu können – was nur mit Akteuren mit genügend Spielpraxis funktioniert.
„Es hat etwas mit dem Kopf zu tun“
Dennoch greift der Ansatz nicht, alle Probleme auf die starke Rotation gegen Wolfsburg zu schieben, zu der sich Xabi Alonso entschloss. Hatte Bayer doch auch in den Spielen zuvor mit dem besten Personal und dem gewohnten System dieselben Schwächen erkennen lassen. Und so steuerte auch Xhaka nach seinem Weckruf („Wir können nicht so naiv verteidigen“) der These entgegen, dass Bayer wegen einzelner Akteure in solche Probleme geraten sei.
„Die Defensive fängt vorne an. Da rede ich von der ganzen Mannschaft“, erklärte der Schweizer und betonte: „Ich bin sowieso keiner, der einen einzelnen Spieler rauspickt. Weil das komplett falsch wäre.“ Ebenso schmetterte er die Frage ab, ob die Umstellung auf das 4-2-2-2 ursächlich war. „Es liegt nicht am System, glauben Sie mir, es hat etwas mit den Kopf zu tun: Ob man diesen Meter mehr machen möchte oder nicht.“ Es besteht Redebedarf bei Bayer. Weniger über einzelne Personalien als vielmehr über das große Ganze.