Der SC Freiburg ist nach dem 3:2 gegen Kiel zweitstärkstes Heimteam und steht in der Tabelle gut da. Doch warum brachte sich die Mannschaft von Julian Schuster nach einem 3:0-Vorsprung erneut in größte Nöte? Eine Ursachenforschung.. Schusters Sicht und seine Haltung zu den Spielerwechseln. So ein bisschen sind die Freiburger Profis ihre eigenen Partycrasher. Zumindest haben sie jeweils die Schlussphase bei den jüngsten beiden Heimsiegen so gestaltet, dass danach nicht die Freude über die äußert beachtliche Heimstärke – in Sachen Punkteschnitt im eigenen Stadion sind nur die Bayern besser – im Vordergrund stand. Sondern Unmut bei den Protagonisten und unangenehme Fragen.. Fragen nach den Ursachen für erstaunliche Einbrüche, durch die eine vermeintlich komfortable 3:0-Führung fast noch verspielt wurde. Wie schon beim 3:2 gegen Wolfsburg Mitte Dezember, so auch am Samstag gegen den Aufsteiger aus dem hohen Norden.. „Die letzten 10 bis 15 Minuten waren katastrophal“. Der SC hat nun beachtliche 27 Punkte in den 16 Spielen seit dem Trainerwechsel von Christian Streich zu Schuster gesammelt und Anschluss an die Champions-League-Ränge gehalten. Dennoch kam Maximilian Eggestein nach dem Kiel-Spiel mit etwas sparsamem Gesichtsausdruck in die Interviewzone.. „Wir haben gewonnen, das war gut. Weite Teile des Spiels waren auch okay“, sagte der Sechser nüchtern, um dann Klartext zu sprechen: „Die letzten 10 bis 15 Minuten waren katastrophal.“. Auf die inneren Werte kommt es an: Einblicke in die NLZs der Bundesliga. Hol dir deinen Probemonat für kicker+. Was lange nach einem durch sehr hohe Effizienz zwar glanzlosen, aber mit Blick absolute defensive Stabilität dennoch souveränen Pflichtsieg aussah, wurde ganz am Ende noch zu einer dramatischen Zitterpartie. Bis zur 85. Minute ließen die SC-Profis keine echte Kieler Torchance zu – von Noahs Atubolus selbst ausgebügeltem Patzer in den ersten Spielsekunden abgesehen.. Was Eggestein bemängelt und einräumt. Am Ende Freiburg dann wie gegen Wolfsburg erneut Glück und einen starken Torwart, der eine zuvor vor allem mit dem Fuß ungewohnt wacklige Leistung durch eine exzellente Fußparade in der Nachspielzeit gegen Fiete Arp entscheidend aufwertete. Doch wie ist der späte wie heftige Einbruch gegen einen zuvor so harmlosen Gegner zu erklären?. „Da hat nicht mehr viel gestimmt, wir sind nicht mehr angelaufen, hatten keine Ballbesitzphasen mehr und haben bei den Gegentoren schlecht verteidigt, wo wir wir eigentlich außen doppeln wollen“, analysierte Eggestein und gab offen zu: „Wir haben uns ein Stück weit zu sicher gefühlt. 3:0 zu Hause, dann denkst du natürlich, du bist mehr oder weniger durch.“. Eine menschlich nachvollziehbare Denkweise, allerdings mit potenziell fatalen Folgen in einem Bundesliga-Spiel. Selbst gegen einen deutlich schwächer besetzten Abstiegskandidaten, der sich allerdings nie aufgab.. Schuster begründet Entscheidungen und hinterfragt die Intensität. Womöglich hat aber auch Trainer Schuster seinen Anteil am Spannungsabfall. Wie gegen Wolfsburg wechselte er fünfmal, ersetzte dabei jeweils durch Kiliann Sildillia und Jordy Makengo die Hälfte der zuvor stabilen Viererkette. Gegen den VfL gingen dafür die Außenverteidiger Christian Günter und Lukas Kübler raus, diesmal der mit Gelb verwarnte Kübler sowie Innenverteidiger Max Rosenfelder.. „Ich hinterfrage mich immer kritisch. Aber es gibt auch immer gute Gründe für unsere Wechsel. Alle Entscheidungen treffen wir aus voller Überzeugung, weil wir auch die Qualität in unserem Kader sehen“, erklärte Schuster, der bei Rosenfelder schwindende Kräfte ausgemacht hatte, ähnlich bei Kübler, „plus die Gelbe Karte“.. Schuster sah grundsätzlich eher ein kollektives Problem: „Schon beim Stand von 2:0 habe ich Zweikämpfe gesehen, die nicht konsequent geführt wurden. Da muss sich jeder überprüfen: Ist es wirklich die nötige Intensität, um das Ergebnis abzusichern?“. Der Trainer zieht auch weniger Wechsel als Lösung in Betracht. Schuster betonte einerseits, es sei „deshalb viel zu einfach, das nur auf die Auswechslungen zu schieben“. Der Trainer registrierte andererseits aber auch, dass auch schon die vor Makengo und Sildillia eingewechselten Patrick Osterhage und Maximilian Philipp keine überzeugenden Jokerauftritte hinlegten. Osterhage etwa ließ sich vor dem 3:1 von Kiels Joker Andu Kelati durch eine Täuschung viel zu leicht aus dem Spiel nehmen.. Trotz der Überzeugung in den auch in der Breite nominell stabil aufgestellten Kader zog Schuster am Samstag letztlich auch diese Schlussfolgerung in Erwägung: „Vielleicht sind wir trotzdem eine Mannschaft, bei der du weniger wechseln musst.“. Günter sieht Startelfspieler in der Pflicht. Diese Offenheit zeichnet Schuster aus. Zwei Startelfspieler stellten sich hingegen vor die Kollegen mit Teileinsätzen. „Ich würde es nicht auf die Einwechslungen schieben“, sagte Eggestein und Kapitän Günter wurde noch deutlicher: „Null Vorwurf an die Jungs, die reinkamen, eher an uns, die schon auf dem Platz standen, weil wir den Karren weiter mitziehen müssen.“. Man müsse diese erneut verpatzte Schlussphase aufarbeiten, meinte auch Günter und kam dann auf den überwiegend erfreulichen Aspekt des Abends zu sprechen: „Es ist immer schön, so etwas mit einem Sieg im Rücken anzuschauen und uns darüber zu unterhalten.“. Zudem dürfte es gegen die kommenden Top-Gegner Frankfurt, Stuttgart und Bayern mutmaßlich nicht auf einen besseren Umgang mit einer 3:0-Führung ankommen.