Am Dienstag sprach Eintracht-Sportdirektor Timmo Hardung (34) am Rande des Trainingsplatzes über den verletzten Kapitän Kevin Trapp (34) und dessen Stellvertreter Kaua Santos (21), der beim Spiel in Wolfsburg zur zweiten Halbzeit ins kalte Wasser geworfen wurde und sein Bundesliga-Debüt feierte.
Pünktlichkeit, Intensität, Tempo: Der steinige Weg von Rio in die Bundesliga
Voraussichtlich drei bis vier Wochen wird Stammtorhüter Trapp wegen einer Muskelverletzung im Oberschenkel ausfallen. Sein Stellvertreter Kaua Santos wird somit voraussichtlich mindestens in den kommenden drei Bundesligaspielen sowie an den ersten beiden Spieltagen der Europa League zwischen den Pfosten stehen. Beim Debüt strahlte der Brasilianer Sicherheit aus, wurde von Wolfsburg allerdings auch kaum geprüft.
Wie groß die Anspannung für ihn war, sah man nach dem Schlusspfiff. Da schlug der eben noch so coole Keeper die Hände vor dem Gesicht zusammen und legte sich auf den Rasen. Die Anspannung wich der Erleichterung. „Es war sein erster Profi-Einsatz, das erste Mal auf diesem Level überhaupt. In so einer Situation reinzukommen, in einem Spiel, in dem du zum Schluss alles wegverteidigen musst, Bälle von deinen Vorderleuten geblockt werden und du auch mal einen Ball aus der Luft fischen musst, da ist die Anspannung natürlich groß“, rekapituliert Hardung. Außerdem sprach Frankfurts Sportdirektor über…
… Trapps Ausfall: „Kevin ist für uns ein total wichtiger Spieler und nicht umsonst unser Kapitän. Er hat eine sehr gute Verbindung zu nahezu allen Mannschaftsteilen und Nationen, das macht er sehr gut. Daher fehlt er natürlich als Kommunikator, aber auch als Stabilisator, weil er durch seine Erfahrung und Qualität ein Teil des Gerüsts unserer Mannschaft ist. Jetzt fällt er leider die nächsten Wochen aus. Das ist sehr schade für uns, vor allem für ihn. Wir wünschen ihm alles Gute für die Regeneration und wissen, dass er sehr schnell zurückkommen wird, weil er ein totaler Vollprofi ist.“
Hardung: „Haben unsere Augen und Ohren überall“
… Kaua Santos‘ Entwicklung, seit er im August 2023 zur Eintracht kam: „Kaua ist schon einige Schritte gegangen, seit er bei uns ist. Sein besonderes Potenzial zeigte er von Anfang an, zunächst aber mit mehr Schwankungen. Mittlerweile ist er deutlich stabiler geworden. Natürlich musste er sich an das Spieltempo und die Intensität gewöhnen, und auch daran, wie der Torwart angelaufen und im Spielaufbau als Mitspieler gebraucht wird.
Aber er bringt das Werkzeug und die Qualität mit, um diese Entwicklung zu vollziehen. In Deutschland und Europa wird von Profis etwas anderes gefordert als in Rio de Janeiro. Da musste er sich anpassen. Aber er ist total fleißig, hört sehr gut zu, und er hat auch ein gewisses Selbstvertrauen. Wenn du hart arbeitest, an dich glaubst und den richtigen Leuten zuhörst, kannst du dich entwickeln.“
…. ein plakatives Beispiel für den Umstellungsprozess: „In Brasilien ist die Ankunftszeit eher eine Handlungsempfehlung. Das sehen wir schon ein bisschen anders. Er hat nichts Böses gemacht, es geht dabei auch nicht um eine Stunde. Aber es wird nicht gerne gesehen, wenn du kurz vor knapp hier reinschlenderst. Das verstand er relativ schnell und passte sich an. Wir sind eine große Gruppe, verfolgen große Ziele, und da gibt es eben ein paar Regeln, an die sich alle halten müssen – auch Spieler, die jung sind und von einem anderen Kontinent kommen.“
… die Entdeckung des Torwarttalents in der U 20 von Flamengo: „Wir haben unsere Augen und Ohren überall. Aber erstmalig wurden wir über unseren Algorithmus, über Daten auf ihn aufmerksam. Wir beschäftigten uns dann näher mit ihm, schauten ihn vor Ort an und sprachen mit ihm. So stellten wir peu à peu fest, dass es gut passen könnte. Kaua ist total fokussiert und weiß, was er kann. Von äußeren Faktoren lässt er sich nicht zu sehr verrückt machen. Zugleich ist er sehr freundlich, ein Herzensmensch.“… den Balanceakt eines Torhüters: „In Wolfsburg spielte er den ersten Ball direkt flach auf die Sechs, mit einer sehr guten Ruhe und Geschwindigkeit. Mit dem Fuß ist er schon einer der besseren Torhüter. Aber er muss eine gute Risikoabwägung haben, darf den schmalen Grat nicht zu sehr ausreizen. Jeder weiß, dass er früher Futsal gespielt hat. Aber wir sind eben nicht beim Futsal, sondern beim Fußball. Als Torwart bist du der letzte Mann und stehst unter maximalem Druck.
In Millisekunden musst du abwägen und entscheiden, ob du den Ball auf den Oberrang weghaust oder den freien Mann siehst und anspielst, um in Ballbesitz zu bleiben. Das macht das Torwartspiel so brisant und vielleicht auch noch ein Stück schwieriger als die anderen Positionen. Der Torwart muss Woche für Woche Entscheidungen treffen, die immer auf des Messers Schneide stehen werden.“