Ärger um den Mainzer Aufsichtsrat: „Gift für den Wettbewerb der Talente“

Ärger bei Mainz 05: Nachdem die Wahlkommission ihre Kandidatenliste für den Aufsichtsrat präsentiert hat, geistern Verschwörungsmythen durch die lokalen Medien. Kommissionssprecher Prof. Dr. Lars Leuschner wehrt sich entschieden, doch bei zur Mitgliederversammlung droht Ärger.

Wahlkommission erklärt sich

„Es ist unzutreffend, dass die Haltung der Kandidatinnen und Kandidaten zum Investorendeal der DFL oder einer möglichen Ausgliederung für die Auswahlentscheidung der Wahlkommission irgendeine Rolle gespielt hat. Keiner der nominierten Kandidatinnen und Kandidaten hat sich in den Gesprächen für eine Ausgliederung ausgesprochen“, weist der Jurist entsprechende Unterstellungen von dem Gremium zurück. „Auch die Vermutung, dass drei „neue“ Bewerber wegen ihrer kritischen Haltung zur Ausgliederung nicht berücksichtigt worden seien, entbehrt jeder Grundlage.“

Die Wahlkommission hatte eine Liste von 25 Bewerbern für die Aufsichtsratswahl am 17. November auf die satzungsgemäß vorgesehene Größe von 16 reduziert und unter anderen die drei amtierenden Räte Sven Hieronymus, Prof. Dr. Carsten Kühl und Michael Häfner gestrichen. Die Allgemeine Zeitung hatte spekuliert, dass dies mit der kritischen Haltung der Kontrolleure zum zweimal gescheiterten Private-Equity-Prozess der Deutschen Fußball-Liga (DFL) zusammenhinge. Wobei die Entscheidungshoheit über das Votum der Rheinhessen nicht im Rat, sondern im operativen Vorstand lag (der am Ende dafür votierte).

Zudem wirft das Blatt Leuschner vor, er habe sich 2021 in einem Interview dafür ausgesprochen, amtierende Aufsichtsräte von dem Prozedere der Vor-Auswahl auszunehmen – nun würde die Kommission dem zuwiderhandeln. Was faktisch so sein mag, allerdings erklärt Leuschner: „Meine damalige Idee, amtierende Aufsichtsratsmitglieder von der Vorauswahl auszunehmen, ist nicht Realität geworden und steht deshalb überhaupt nicht zur Debatte.“

Vielmehr kritisiert der Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht an der Uni Osnabrück einen womöglich vorherrschenden Selbstanspruch des ein oder anderen Kontrolleurs auf ein Dauermandat in dem Gremium: „Die damalige Idee war sicher nicht dazu gedacht, irgendwelchen Aufsichtsratsmitgliedern eine Lebenszeitstellung zu verschaffen. Es ging vielmehr darum, die Wahlkommission vor Unterstellungen zu schützen, wie sie jetzt erhoben werden.“

Zudem räumt der 53-Jährige ein, dass er „einen solchen Vorschlag aus heutiger Sicht nicht mehr machen würde. Denn faktisch lief er doch auf eine Lebenszeitstellung amtierender Aufsichtsratsmitglieder hinaus. Für die Innovationsfähigkeit des Vereins und den Wettbewerb der Talente wäre das Gift.“ Der zentrale Vorschlag aus dem Jahr 2021, eine Mindestanzahl von 16 Wahloptionen zu nominieren, sei dagegen in der Satzung verankert und auch eingehalten worden.

„Ein ‚No-Go‘ wäre es – und das habe ich damals unter Verweis auf Ereignisse beim VfB Stuttgart gesagt – wenn eine Wahlkommission instrumentalisiert würde, um Kandidaten völlig unabhängig von ihren Kompetenzen wegen bestimmter Ansichten oder Machtinteressen auszubooten“, erklärt Leuschner und weist genau diesen Vorwurf entschieden zurück: „Eine solche Ausbootung hat es in dem hiesigen Verfahren nicht gegeben. Die gegenteilige Behauptung entbehrt jeder Grundlage.“

Zumindest erstaunlich allerdings wirkt die Nichtzulassung der beiden bisherigen Finanzexperten in dem Gremium, Häfner und Kühl. Letztgenannter agierte immerhin einst als rheinland-pfälzischer Finanzminister, Häfner kennt als Direktor der lokalen Volksbank Mainz-Darmstadt die Begebenheiten vor Ort bestens. Und: Da mit Manfred Lorenz, Frank Finkler und Christian Vierung drei amtierende Räte nicht wieder kandidieren, steht in jedem Fall ein heftiger Umbruch an, weil ein Gros der nach dem 17. November amtierenden Räte (noch) nicht erfahren im Geschäft Profifußball sein wird. Was auch Risiken birgt und entsprechend in der Operative auch kritisch gesehen wird.

Der Vereinsvorsitzende Stefan Hofmann verteidigt das Vorgehen der Wahlkommission einerseits: „Es gibt keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass der gesamte Vorgang nach den Vorgaben unserer Satzung gelaufen ist.“ Allerdings unterstreicht der langjährige Nachwuchschef des Bundesliga-13. auch: „Ich habe Verständnis, dass die Entscheidungen der Wahlkommission gerade bei den nicht berücksichtigen Bewerberinnen und Bewerbern Emotionen auslösen. Auch wir im Vorstand sind von der einen oder anderen Entscheidung überrascht worden.“ Die Konstellation jedenfalls verspricht interessante Diskussionen auf der Mitgliederversammlung der Nullfünfer.

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