Fünf Gegentreffer in zwei Bundesligaspielen. Bayer 04 fehlt die Stabilität in der Defensive. Leverkusens Trainer Xabi Alonso bieten sich sowohl taktisch als auch personell Möglichkeiten, gegenzusteuern.
Trainer kann taktisch und personell gegensteuern
Es war eine ganz große Stärke der Werkself in der zurückliegenden Double-Saison. Defensiv ließ das Team von Trainer Xabi Alonso im Regelfall ganz wenig zu. Nur 24 Gegentreffer in 34 Bundesligaspielen musste Bayer 04 in der vergangenen Spielzeit schlucken – und damit 15 (!) weniger als Vizemeister VfB Stuttgart und RB Leipzig, die die zweitsicherste Defensive stellten.
Nach zwei Spieltagen der neuen Saison haben aber nur zwei Mannschaften in der Bundesliga mehr Gegentreffer kassiert als die fünf, die Leverkusen beim 3:2-Startsieg in Gladbach und der folgenden 2:3-Niederlage gegen Leipzig hinnehmen musste. Dafür gibt es diverse Gründe.
Kompaktheit, Kontrolle, Gegenpressing – überall geht mehr
Bayer agiert bei eigenem Ballbesitz nicht kompakt genug und bekommt dann deswegen nach Ballverlust Probleme, weil die Abstände zwischen den Mannschaftsteilen zu groß sind. „In der zweiten Hälfte hatten wir nicht genug Kontrolle, alles war sehr schnell, wir haben nicht genug Pässe in der gegnerischen Halbzeit gespielt“, analysierte der Werkself-Trainer, „das Spiel war zu offen.“
Im Mittefeldzentrum fehlte so der Zugriff, was zudem in Leipzig dadurch forciert wurde, dass Aleix Garcia als Nebenmann von Granit Xhaka in der Doppelsechs, beispielsweise beim Siegtreffer der Leipziger, sich aus dem Zentrum locken ließ und dadurch dieses komplett entblößt war. Xabi Alonso eindeutig: „Unsere letzte Linie zu finden, war zu einfach.“
Nicht umsonst sprach Xabi Alonso danach von „großen Fehlern“ , aus denen man lernen müsse. Dazu gehörte auch die aus Sicht des Spaniers nicht immer genügend aggressive Zweikampfführung. Oder wie es Leverkusens Trainer formulierte: „Gegen den Ball waren wir etwas zu soft.“
Aggressiveres Verteidigen durch höheres Anlaufen
Die Frage ist nun, wie der 42-Jährige diesen Problemen entgegenwirkt. Sowohl in Gladbach als auch gegen Leipzig war auffällig, dass Bayer nicht ganz vorne den Gegner attackierte, sondern diesen kommen ließ. Ein Ansatz, der in manchen Spielphasen ungewollt nach sich zog, dass die Bayer-Profis weniger aggressiv gegen den Ball arbeiteten. Als hätten die Bayer-Profis die Vorgabe, tiefer zu stehen, damit verwechselt, passiver zu verteidigen. Umgekehrt erlebte die Werkself in Gladbach nach dem späten Ausgleich der Borussia vielleicht ihre stärkste Phase in diesem Spiel, als sie den Gegner wieder vehement in vorderster Linie anlief und aggressiv attackierte.
So könnte ein höheres Anlaufen Bayer helfen, denselben Druck auf den Gegner zu erzeugen wie in der Vorsaison, als das Gegenpressing teilweise glänzend praktiziert wurde. Voraussetzung dafür ist aber, dass Bayer das Spielfeld konsequent kurz hält, um nicht wieder zu viele Räume zwischen den Linien anzubieten.
Andrichs Rückkehr in die Doppelsechs liegt nahe
Um mehr Stabilität im Zentrum zu erzeugen, liegt es nahe, den gegen Leipzig 90 Minuten auf der Ersatzbank schmorenden Robert Andrich an die Seite von Xhaka im defensiven Mittelfeld zu stellen. Denn bislang zeigt Sommereinkauf Aleix Garcia, ein begnadeter Fußballer, noch nicht die Positionstreue und taktische Disziplin, die den deutschen Nationalspieler auszeichnet. Mit Andrich ist die Wahrscheinlichkeit deutlich geringer, dass die Hoffenheimer am Samstag ungehindert durch das Leverkusener Zentrum auf die Bayer-Abwehr zumarschieren können.
Zweiter personeller Ansatzpunkt: PSG-Leihe Nordi Mukiele könnte sein Debüt im Bayer-Dress erleben. Der französische (Innen-)Verteidiger ist ein extrem athletischer Abwehrspieler, der sich mit voller Leidenschaft den Zweikämpfen in der Defensive hingibt. Einer der kompromisslos zupackt. Dann müsste Piero Hincapie oder Edmond Tapsoba weichen.
Mukiele könnte für Hincapie rein rotieren
Dass es Letzteren als Bayers besten Spieleröffner trifft, der gegen Leipzig rechts in der Dreierkette und damit auf der potenziellen Mukiele-Position agierte, ist eher unwahrscheinlich. Setzt Xabi Alonso doch sehr auf die Spielkünste des Nationalspielers aus Burkina Faso. Wahrscheinlicher ist ein Wechsel gegen Hincapie, der ohnehin erst spät von seinem Länderspieleinsatz für Ecuador in der Nacht auf Mittwoch gegen Peru (1:0) zurückkehren wird. Allerdings ist der Linksfuß selbst ein körperlich robust agierender Abwehrspieler, so dass Mukieles Hereinnahme für Hincapie in dieser Hinsicht nur ein geringes Upgrade darstellen würde – wenn überhaupt.