Vier Wochen lang stand Bundesliga-Schiedsrichter Sascha Stegemann nach eigenen Angaben gegen Ende der Saison 2022/23 unter Polizeischutz. Grund dafür waren Morddrohungen, die er und seine Familie im Nachgang einer Fehlentscheidung im Meisterschaftsrennen des BVB erhalten hatte.
Schiedsrichter stand unter Polizeischutz
Schon kurz nach Spielschluss der Partie Bochum gegen Dortmund am 30. Spieltag der Saison 2022/23 war sich Schiedsrichter Sascha Stegemann seines Fehlers bewusst. Der BVB hatte beim 1:1 wichtige Punkte im Meisterschaftsrennen – das am Ende der FC Bayern in einem dramatischen Finale am 34. Spieltag für sich entschied – liegengelassen. Auch wegen einer krassen Fehlentscheidung des Gespanns um Stegemann.
Der Bundesliga-Schiedsrichter hatte dem BVB nach einem Foul an Karim Adeyemi einen klaren Elfmeter verweigert (kicker-Note 6,0), sich am nächsten Tag für seinen „Wahrnehmungsfehler“, wie er heute selbst sagt, und den ausbleibenden VAR-Eingriff entschuldigt – und doch noch wochenlang unter den Folgen gelitten. Wie der heute 39-Jährige nun einem Bericht des General-Anzeigers zufolge vor anderen Schiedsrichtern in der Sporthochschule Köln schilderte, habe er nach seiner Fehlentscheidung Morddrohungen erhalten und stand unter Polizeischutz.
„Oh mein Gott, sie zerreißen dich“
Erste Zweifel an seiner Entscheidung kamen demnach nach dem Schlusspfiff aufgrund der Reaktionen der Dortmunder Profis, in der Kabine habe er dann eine Nachricht von seiner Frau auf seinem Handy gelesen: „Oh mein Gott, sie zerreißen dich.“
Der Unparteiische erzählte, wie er am Folgetag einen Ausflug mit seinem Sohn absagte, um Interviews zu geben und Verantwortung für seinen Fehler zu übernehmen. Am Abend hätten zwei Polizisten an seiner Wohnungstür geklingelt und ihn über konkrete Morddrohungen informiert. Vier Wochen sei er im Anschluss unter Polizeischutz gestanden.
Stegemann dachte über Rücktritt nach
Ihm sei der Gedanke gekommen, mit einer einzigen Fehlentscheidung womöglich die Deutsche Meisterschaft beeinflusst zu haben – auch wenn sich kurze Zeit später der BVB die Tabellenführung zurückeroberte, mit bester Ausgangslage in den 34. Spieltag ging und dann die Meisterschaft durch ein 2:2 gegen Mainz selbst noch verspielte.
Auch über einen Rücktritt habe der Unparteiische im Anschluss an die Ereignisse nachgedacht. Nachdem er das DFB-Pokal-Finale zwischen Freiburg und Leipzig im Vorjahr hatte leiten dürfen, sei ihm ein Stück weit die Leidenschaft verloren gegangen, blickt er heute auf die damalige Zeit zurück. „Vielleicht fühlte ich mich unverwundbar. Aber du musst demütig sein. Die meisten Fehler machst du im Erfolgsfall.“
Letztlich habe seine Frau ihn zum Weitermachen bestärkt. Mittlerweile steht Stegemann bei insgesamt 145 Einsätzen in der Bundesliga und 87 Zweitliga-Spielen. In der laufenden Saison kam er auch schon in der Champions-League- sowie in der Europa-League-Qualifikation zum Einsatz.