Vor knapp einem Jahr traf Jonas Wind beim 2:0 gegen Eintracht Frankfurt doppelt und wurde gefeiert. Es war der letzte Doppelpack des Dänen. Warum ist er in Wolfsburg nur noch Reservist?
Vor einem Jahr gehyped, nun das Sorgenkind
Vor einem Jahr war der Hype um ihn schon längst ausgebrochen. An den ersten beiden Spieltagen der neuen Saison traf Jonas Wind jeweils doppelt, beim 2:0 gegen Heidenheim und 2:1 in Köln bescherte der Däne dem VfL Wolfsburg den perfekten Saisonstart. Und ritt seine Erfolgswelle weiter, nach sechs Partien waren sieben Treffer notiert – das war zuvor noch nie einem Wolfsburger Stürmer in der Bundesliga gelungen. „Das hat Jonas sich verdient“, lobte der damalige Chef Marcel Schäfer, „er ist physisch auf einem Top-Niveau“. Wovon in diesem Sommer keine Rede sein konnte.
„Er ist in keinem guten Zustand zurückgekommen“
Als Wind wegen seines EM-Urlaubs verspätet in die Vorbereitung einstieg, waren die Werte des Angreifers schlecht. „Er ist in keinem guten Zustand zurückgekommen“, erklärte Trainer Ralph Hasenhüttl, „es war schon klar, dass er ein bisschen Zeit braucht.“ Und so wurde aus dem Unterschiedsspieler, den einst Boss Schäfer in dem 25-Jährigen sah, zuletzt nur noch eine „Variationsmöglichkeit“ für Hasenhüttl. Was der Trainer gewiss nicht böse meint, aber nun mal die aktuelle Situation von Wind widerspiegelt. Gesetzt ist er nicht mehr.
Ein „intensives Gespräch“ zwischen Trainer und Stürmer
Im Pokal bei der TuS Koblenz (1:0) stand der Däne im ersten Pflichtspiel der Saison in der Startelf, musste aber schon nach 45 Minuten das Feld räumen, anschließend kam er in den Ligaspielen gegen den FC Bayern (2:3) und bei Holstein Kiel (2:0) als Joker lediglich zu Kurzeinsätzen. Vor dem Kiel-Spiel hatte Hasenhüttl mit seinem Stürmer, der sowohl auf der Neun als auch dahinter spielen kann, „ein intensives Gespräch“, in dem er ihm erklärte, „wie seine Situation im Moment ist. Er hat eine sehr gute Reaktion gezeigt.“
Und doch passt das mit Wind und Ex-Stürmer Hasenhüttl in Wolfsburg noch nicht so richtig zusammen. Elf Pflichtspiele hat der VfL bisher unter dem Trainer bestritten, von 990 möglichen Minuten stand Wind nur 509 Minuten auf dem Feld, was gerade einmal 56 Prozent entspricht. Wind ist nur bedingt kompatibel mit dem gewünschten intensiven Pressingfußball des Trainers, der hohe Ballgewinne und schnelles Umschalten bevorzugt. Winds Topspeed in der vergangenen Saison betrug 30,4 km/h.
Hasenhüttl verzichtet häufig auf das Duo Majer/Wind
Was auffällt: Mit Wind und Regisseur Lovro Majer, auch „nur“ 31,1 km/h schnell, zusammen versucht es der Trainer nur selten. Stand das Duo unter Vorgänger Niko Kovac noch in 70 Prozent der möglichen Einsatzminuten in der Bundesliga gemeinsam auf dem Feld, ist dieser Wert unter Hasenhüttl auf 31 Prozent eingebrochen.
Majer hat sich nun in Kiel einen Bänderriss im Sprunggelenk zugezogen und droht am Samstag (15.30 Uhr, LIVE! bei kicker) gegen Eintracht Frankfurt auszufallen. Die Chance für Wind? Der ist jedenfalls am Dienstag nach seinen Länderspielen mit Dänemark ins VfL-Training zurückgekehrt. Bei der Nationalmannschaft stellt sich die aktuelle Situation für den Stürmer jedoch kaum anders dar, in den Nations-League-Spielen gegen die Schweiz (2:0) und Serbien (2:0) kam er jeweils nur als Joker ins Spiel – und blieb ohne Erfolgserlebnis.
Wann wird Wind in Wolfsburg wieder richtig wichtig? Schon die vergangene Saison verlief nach seinem Traumstart schleppend weiter, den sieben Treffern zum Auftakt ließ er nur noch vier weitere folgen, zwei davon unter Trainer Hasenhüttl. Dennoch: Mit elf Toren und acht Vorlagen war Wind am Ende der Wolfsburger Topscorer, der Garant für den Klassenerhalt.
Pfeilschnelle Konkurrenz durch Amoura
Jedoch: Aus einem erhofften Wechsel in diesem Sommer wurde nichts, auch die EM, wo er ohne Treffer blieb, verlief durchwachsen. Und so muss sich der Angreifer, der in Person des pfeilschnellen Neuzugangs Mohammed Amoura neue Konkurrenz bekommen hat, seinen verlorengegangenen Status des Unterschiedsspielers wieder erarbeiten und die Rolle des Sorgenkindes ablegen.
Vielleicht ja schon am Samstag gegen Frankfurt. Am 6. Spieltag der vergangenen Saison war es, da erzielte Wind seine Saisontreffer sechs und sieben beim 2:0 gegen die Eintracht. „Aus dem Wind ist jetzt ein Sturm geworden“, freute sich der damalige Trainer Niko Kovac. Es war das letzte Mal, dass Wind in einem Spiel für den VfL doppelt traf.