Fortschritt ohne Hauptpreis: Dinkci als Sinnbild

Der SC Freiburg steigerte sich bei Union Berlin klar gegenüber der Nullnummer zuvor gegen Mainz, blieb aber erneut torlos. Sinnbildlich dafür steht Sommerzugang Eren Dinkci. Julian Schuster nimmt derweil die bemerkenswerte Elferseuche auf sich.

Schuster nimmt die Elferseuche auf seine Kappe

Es gehört seit Jahren zum Freiburger Erfolgsgeheimnis, das eigene Handeln nicht an einzelnen Ergebnissen auszurichten. Julian Schuster setzt diese Tradition fort und lässt sich emotional gemäß seinem Wesen, anders als Christian Streich, auch kurzfristig emotional nicht so sehr von Resultaten mitreißen.

Schuster versucht ohnehin in fast allen Lagen den Dingen mit einer positiven Grundhaltung zu begegnen. Die Formulierung „ich weiß gar nicht, wo ich mit loben anfangen soll“, die der SC-Coach am Freitag nach dem 0:0 bei Union Berlin in einem Interview wählte, wirkte zwar von außen betrachtet übertrieben. Das „großes Kompliment“ an seine Mannschaft ist aber in weiten Teilen nachvollziehbar.

Die SC-Profis boten eine klare Leistungssteigerung nach dem 0:0 gegen Mainz zuletzt (1:2 Torchancen). Sie zeigten bei einer sehr heimstarken Mannschaft einen reifen, defensiv im Kollektiv starken Auftritt mit überwiegender Spielkontrolle und einem Chancenplus (6:4), aber auch erneut mit entscheidendem Manko. Mit Blick auch auf das 1:3 in Leipzig steht nur ein Treffer in den jüngsten drei Ligaspielen zu Buche, wodurch Freiburg die große Chance vergab, sich nach exzellentem Start vorerst in den Top 4 festzubeißen.

Elferseuche? „Wir haben es anscheinend zu wenig trainiert“

Der eklatanteste Fehlschuss war diesmal der unbedrängte von Vincenzo Grifo aus elf Metern – in der Liga schon der fünfte vergebene Strafstoß in Serie für den SC. Der Italiener ist grundsätzlich ein absoluter Experte vom Punkt, hat in allen Wettbewerben schon 33 Strafstöße als Profi verwandelt – und vergleichsweise nur sieben verschossen. Eine starke Erfolgsquote von 82,5 Prozent, die allerdings vor dieser Saison noch bei 86,8 Prozent lag. Wie schon beim 0:3 gegen St. Pauli scheiterte Grifo überraschend mit einem für ihn eher untypisch flachen Versuch am gegnerischen Keeper.

Während sich Freiburgs bester Scorer nach der Partie zerknirscht gab, nahm ihn sein Trainer aus der Schusslinie. „Ich muss es auf meine Kappe nehmen, wir haben es anscheinend zu wenig trainiert und werden deshalb im Training was umstellen“, sagte Schuster. Zuvor hatten saisonübergreifend auch Lucas Höler zweimal und der inzwischen nach Istanbul gewechselte Roland Sallai in der Liga vom Punkt vergeben.

Schuster wollte sich mit dieser frappierenden Elferseuche aber nicht weiter beschäftigen und fuhr lieber mit einem Lob fort. „Das Positive ist, dass wir Elfmeter bekommen. Das war eine tolle Situation.“ Tatsächlich konnten sich der starke Pass von Lukas Kübler in den Lauf von Eren Dinkci und dessen Ballverarbeitung sehen lassen, bevor er von Rani Khedira auch noch im Strafraum zu Boden gezogen wurde.

Dinkci weiß zu gefallen

Dinkci zahlte Schusters großes Vertrauen am Freitag mit dem bisher besten Auftritt im Freiburger Trikot zurück. Dem Sommerzugang, der nach Merlin Röhls Verletzung als Zehner aufläuft, obwohl er vorige Saison in Heidenheim vor allem auf dem rechten Flügel überzeugt hatte, gestand der Trainer auch einige schwächere Auftritte in der Startelf zu.

Gegen Union präsentierte sich Dinkci präsent, ballsicher (85 Prozent Passquote), griffig (62 Prozent Zweikampfquote) und zeigte nicht nur vor dem Strafstoß-Foul, das er mit seinem guten Laufweg in die Spitze erst ermöglichte, seine offensiven Qualitäten. Einen Fernschuss nach gutem Antritt auf Ablage von Ritsu Doan setzte Dinkci nur knapp am rechten Pfosten vorbei, bereitete in der für den SC etwas komplizierteren zweiten Hälfte aber vor allem noch die beiden abschließenden Torchancen vor.

In der 82. Minute leitete der 22 Jahre alte, im September 2024 erstmals noch ohne Einsatz für die türkische Nationalmannschaft nominierte Offensivmann nach Pass von Max Rosenfelder im Strafraum sehenswert per Hacke auf Lucas Höler ab, der bei seiner Großchance allein vor Frederik Rönnow allerdings am Union-Keeper scheiterte. Und auch die Flanke auf Philipp Lienhart, der mit seinem Kopfball in der 87. Minute aufs Tordach einen missglückten Ausflug Rönnows nicht ausnutzen konnte, kam von Dinkci.

Schwarze Serie bei den Schwarz-Gelben

Gegen Mainz hatte der Zehner noch wesentlich mehr unglückliche Szenen und steht somit sinnbildlich für den freitäglichen SC-Auftritt in Köpenick: Fortschritt ohne Hauptpreis, denn ein Sieg war in greifbarer Nähe. Diesen bei zwar wankelmütigen, aber sehr heimstarken Dortmundern nach der Länderspielphase nachzuholen, dürfte schwierig werden. Der SC hat beim BVB seit 2001 nicht mehr gewonnen.

Dinkci und Co. werden davon unabhängig daran arbeiten müssen, die Wahrscheinlichkeit auf ein eigenes Tor weiter zu erhöhen. Unter anderem im Testspiel am Donnerstag beim KSC. Dinkci wartet nach bisher zwei Vorlagen auch persönlich noch auf seinen ersten Treffer im SC-Trikot. Mehr Scorerpunkte sind nebenbei sicher der plakativste Weg für den früheren Werder-Profi, sich nach der Nicht-Berücksichtigung im Oktober und November nächstes Jahr wieder fürs türkische Nationalteam zu empfehlen.

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