Ob in der vergangenen Woche bei der Bewertung des 25-jährigen Portugiesen bewusst den Konjunktiv gewählt hatte, bleibt allein das Geheimnis des Hamburger Trainers. “ kann bei uns den Unterschied ausmachen“, hatte er gesagt. Tatsächlich ist der Konjunktiv bislang angemessen, sind eine Vorlage in der Liga und eine im Pokal zu wenig – zumal die Zahl seiner Platzverweise damit gleich mit der seiner Scorerpunkte ist.
In Augsburg hatte Polzin die Leihgabe vom FC Arsenal auf Rechtsaußen aufgeboten. Das ist ganz offensichtlich nicht die Idealposition des Portugiesen und war dem Wunsch geschuldet, mit ihm und die beiden besten Fußballer im Kader gleichzeitig auf dem Platz zu haben. Der Trainer sagt in der Retrospektive: „Es ist natürlich nicht immer alles richtig.“ Er erklärt außerdem: „Natürlich können wir einen Spieler wie Fabio auch anders einsetzen, etwa weiter im Zentrum, damit er noch ein bisschen mehr Kontrolle hat um unser Spiel zu gestalten.“
Doch Polzin schreibt seinem Künstler auch zwei Dinge ins Stammbuch. Es geht um die Interpretation der Rolle und um Intensität. „Die rechte Flügelposition“, sagt der 35-Jährige, „ist bei uns sehr variabel und lässt viele Freiheiten.“ Während auf der linken Seite ein klassischer Flügelstürmer ist, zieht auch von rechts aus häufig ins Zentrum, hat ebenso diese Rolle an den ersten beiden Spieltagen so interpretiert. Polzin sagt deshalb: „Diese Position entspricht Fabios Stärken. Es war bei uns ganz klar eine Überzeugung da, dass er auch aus einer höheren Position für Gefahr sorgen kann.“
Unabhängig von der Positionierung will er beim Hochbegabten zudem Grundtugenden erfüllt sehen. „Ich erwarte von den Jungs Dinge, die immer da sein müssen.“ Polzin nimmt den Namen Fabio Vieira in diesem Zusammenhang nicht explizit in den Mund, und doch ist klar, dass sich dieser nach seinem halbherzigen Auftritt in Augsburg und den folgenden Worten des Trainers angesprochen fühlen muss. „Es geht darum, intensiv zu sein, durchzulaufen. Und darum, dass man, wenn man merkt, dass man den ersten Zweikampf nicht gewinnt, versucht, etwas zu verändern.“
Die Bereitschaft, Dinge zu verändern, zeigte Fabio Vieira am vergangenen Wochenende nicht. Folglich ist erwartbar, dass Polzin etwas verändern wird. Das kann bedeuten, dass der Spielmacher wieder in die Zentrale rückt und dafür Sambi Lokonga weichen muss. Es kann aber auch dazu führen, dass Fabio Vieira auf der Bank landet. Klar ist: Er muss sich aufdrängen. Weil nach seinem umjubelten Start in Hamburg zuletzt zu wenig kam. Völlig losgelöst davon, dass sowohl die Rote Karte in Berlin als auch die Gelb-Rote Karte in Köln nicht frei von Nebengeräuschen waren.
Nach seinem ersten Heimspiel Mitte September gegen Heidenheim (2:1) bekam Fabio Vieira Ovationen von allen Seiten. Seitdem ist der HSV-Spielmacher zwei Mal vom Platz geflogen, hat zuletzt beim Comeback in Augsburg (0:1) in Sachen Intensität enttäuscht – und steht fortan unter genauer Beobachtung.
