Bayer-Stratege Xhaka im Tief: „Nicht das, was ich von mir erwarte“

Zum zweiten Mal in einer Woche funktioniert Granit Xhaka auch beim 1:0-Sieg in Heidenheim nicht als verlässlicher Taktgeber. Dafür gibt es mehrere Gründe. Physische wie taktische. Die Rückkehr des Strategen zu alter Stärke ist für Bayer essenziell. Auch Trainer Xabi Alonso ist gefordert.. Die Gründe für die Schwächephase. Es begann in der 11. Minute. Mit einem Ballverlust beim Aufdrehen mitten in der eigenen Hälfte leitete Granit Xhaka die erste Heidenheimer Chance ein. Es folgten weitere Aktionen, die man von Xabi Alonsos Schlüsselspieler über Monate hinweg nicht gewohnt war. Hier ein Fehlpass, da eine schlechte Ballannahme. Der Linksfuß, der in der Double-Saison mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks funktionierte, stellte beim glücklichen 1:0-Sieg auf der Ostalb nicht das verlässliche Metronom dar, das den Takt im Leverkusener Spiel vorgibt.. Es war der zweite Auftritt des Mittelfeld-Strategen nacheinander, der Fragen aufwarf. Schon bei der 1:2-Pokal-Pleite in Bielefeld am Dienstag hatte der Schweizer Rekordnationalspieler, wie fast alle seine Kollegen, ganz schlecht ausgesehen. Und auch wenn Xhaka in Heidenheim – bei seiner Klasse natürlich – den einen oder anderen guten öffnenden Pass schlug und an der Entstehung des Siegtreffers beteiligt war, bewegte er sich deutlich unter den Ansprüchen, auch den eigenen.. „Dass es immer wieder mal ein schlechtes Spiel gibt, ist normal. Ich bin auch nur ein Mensch.“ (Granit Xhaka). „Heute und in Bielefeld waren es nicht die Spiele, die ich von mir selbst erwarte“, stellte der 32-Jährige ehrlich fest und fügte bezüglich der Frage nach seinem Tief an: „Vorher war ich eigentlich ganz zufrieden mit mir.“ Xhaka nannte dabei die Partien in Frankfurt (4:1) und Stuttgart (4:3). „Dass es immer wieder mal ein schlechtes Spiel gibt, ist normal“, sagte der Leader grundsätzlich richtig, „ich bin auch nur ein Mensch.“. Der Haken für Xhaka ist: in der kompletten Double-Saison erweckte er den Eindruck, gar kein Mensch, sondern eine perfekte Pass-Maschine zu sein. Damals performte der Chef-Stratege mit einer so geringen Fehlerquote, dass nun Fehlpässe und Ballverluste wie auch beim 0:2 gegen die Bayern in der Champions League oder beim 0:2 gegen Bremen extremer auffallen, weil sie bei Xhaka über viele Monate nicht vorkamen.. Es ist Xhakas zweite schwächere Phase. Es ist die zweite Phase in dieser Saison, in der Bayers Metronom nicht exakt tickt. Die Erste war in der Anfangsphase, als Xhaka nach der EM inklusive Muskelverletzung überspielt und auch im Kopf nicht frisch wirkte. Dazu kam damals, dass Bayer taktisch nicht gut agierte, mit großen Abständen zwischen den Mannschaftsteilen spielte. Der sich daraus ergebende Pingpong-Fußball tat dem Strategen genauso wenig gut wie jetzt das aktuell zu oft angewandte Stilmittel der langen Bälle, woraus weniger Spielkontrolle resultiert. Seine Anmerkung zu dem in alter Bayer-Manier herausgespielten Siegtreffer in der Nachspielzeit in Heidenheim lässt seinen Wunsch durchblicken: „Wir hatten schon zuvor einen Standard, bei dem wir anders spielen, statt einen langen Ball weit nach vorne, kombinieren wir.“. Zudem verzichtete Trainer Xabi Alonso quasi während der kompletten Saison wie schon im Vorjahr nicht auf seinen verlängerten Arm auf dem Platz. Auch im Saisonendspurt vor einem Jahr machte sich Xhakas fehlende Frische durch die Dauerbelastung bemerkbar. Nicht so deutlich wie jetzt, da die Mannschaft damals durchweg nahezu perfekt funktionierte, aber doch merklich. Ein bisschen (mehr) Rotation in den vorangegangenen Wochen und Monaten hätte dem Leverkusener Dauerbrenner gutgetan. Damals wie heute.. „Ich bin der Erste, der mich selbst kritisiert.“ (Granit Xhaka). Dass er selbst nie mit diesem Anliegen beim Trainer vorstellig werden würde, liegt in Xhakas Natur. Sieht er doch seine große Verantwortung, die er trägt. Dies ließ er am Samstag nach dem Spiel durchblicken. „Ich bin der Erste, der mich selbst kritisiert“, sagte der Routinier, „aber für mich ist ganz wichtig, da zu sein, der Mannschaft, wenn es vielleicht nicht so gut läuft, anders zu helfen.“. Möchte Bayer die letzte kleine Titelchance in der Liga bewahren und am Ende vielleicht sogar nutzen, muss es Xhaka gelingen, jetzt ohne englische Wochen, schnell wieder zu alter Stärke und geistiger Frische zurückzukehren. Denn sechs Spiele wird Bayer ohne den alten Granit Xhaka – anders als am Samstag in Heidenheim – nicht gewinnen können. Dafür muss ihm Xabi Alonso alle möglichen Hilfen geben. Von der konsequenten Rückkehr zum Ballbesitz- und Kombinationsfußball bis hin zu jeglicher notwendigen Entlastung.

   

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