Nach dem ersten Saisonsieg, dem glücklichen 3:2 in Augsburg, enttäuscht Mainz 05 zu Hause gegen Heidenheim auf ganzer Linie. Nach dem 0:2 benennt Vize-Kapitän Jonathan Burkardt schonungslos die Mängel – in dieser Partie und allgemein seit Sommer.
Mainzer Vize-Kapitän vermisst die Basics und sieht einen Trend mit Sorge
Natürlich war da der frühe Platzverweis für Andreas Hanche-Olsen. Der Mainzer Innenverteidiger hatte ganz früh im Mittelfeld den zentral aufs Tor zusteuernden Heidenheimer Mikkel Kaufmann im Laufduell gefoult und dafür von Schiedsrichter Florian Exner die erste Verwarnung gesehen – auch mit Blick auf den taktischen Aspekt eine harte, aber vertretbare Entscheidung.
Nach knapp einer halbe Stunde rauschte Hanche-Olsen in der Nähe der rechten Strafraumgrenze mit der Brust voraus in Jan Schöppner hinein, der kurz zuvor den Ball vorbeigespitzelt hatte. Ein unglückliche Szene und kein hartes Einsteigen, aber ein klares Foul, für das Exner wieder Gelb zog. Da Schöppner danach in den Strafraum hätte eindringen können, war auch das kein Fehler, in Summe war der Platzverweis jedoch überzogen. Bundesliga-Novize Exner legte in dieser fairen Partie einen zu kleinlichen Maßstab an und lieferte insgesamt keine gute Spielleitung ab.
Ähnlich sah es Jonathan Burkardt. „Es war unglücklich, der Schiri war sehr schnell mit seinen Karten, hat für zwei Fouls zwei Gelbe gegeben“, sagte der Mainzer-Vize-Kapitän, räumte aber bemerkenswert differenziert ein: „Aber man kann es auch vertreten, weil es auch ungestüm ist, wie wir da hingehen. Da müssen wir uns cleverer anstellen.“
Nachdem Nadiem Amiri schon beim letztlich sehr glücklichen 3:2 in Augsburg in der 35. Minute eine verdiente Gelb-Rote-Karte gesehen hatte, mussten die Nullfünfer erneut ein frühes personelles Handicap hinnehmen. „Wir machen es uns natürlich nicht einfacher, indem wir uns zweimal hintereinander nach einer halbe Stunde einen Mann vom Platz nehmen“, meinte Burkardt, betonte jedoch direkt: „Das ist nicht das größte Problem.“
Burkardt ging stattdessen nach dem samstäglichen Auftritt gegen Heidenheim mit sich und seiner Mannschaft hart ins Gericht: „Das war von allen zu wenig, von mir zu wenig, von der Mannschaft zu wenig. Von Beginn an war Heidenheim besser bei den zweiten Bällen und besser in den direkten Duellen. Das hat dieses Spiel entschieden.“
„Gerade zu Hause darf das so nicht mehr vorkommen“
Die schwäbischen Gäste waren in den Bereichen besser, die auch die Mannschaft von Bo Henriksen unbedingt braucht, um erfolgreich zu sein. „Sie haben uns die Kopfbälle abgenommen, sie haben die zweiten Bälle eingesammelt. Das ist eigentlich etwas, was wir uns auf die Fahne schreiben wollen“, sagte Burkardt mit großer Offenheit: „Deswegen ist es sehr bitter und enttäuschend von uns, dass wir so verdient verlieren.“
Hinzukam ein zusammenhangloses Aufbau- und Offensivspiel, in dem Burkardt als alleinige Spitze keinerlei Akzente setzen konnte, aber auch kaum Bälle bekam. „Wir haben sehr unsauber nach vorne gespielt und uns deshalb auch keine Torchancen erspielen können“, fuhr Burkardt mit seiner schonungslosen Analyse fort: „Ich glaube, dass einfach bei jedem ein paar Prozent gefehlt haben, sowohl mit Ball als auch gegen den Ball. Dann sieht das so aus und dann verliert man so verdient.“ Sein Appell: „Gerade hier zu Hause, wo wir eigentlich unsere Energie auf den Platz bringen wollen, darf das so nicht mehr vorkommen.“
Amiri-Ausfall ein Faktor, aber keine Ausrede
Doch bevor es besser werden kann, muss es in Mainz eine gründliche Ursachenforschung geben, wie so eine Leistung eine Woche nach einem zwar glücklichen, aber letztlich emotional gefeierten Sieg zustande kommen kann. „Ich weiß nicht, wie das zu erklären ist“, war Burkardt kurz nach dem Spiel zunächst ratlos. Auch Trainer Henriksen erwähnte zwar die schwache Zweikampfquote und nahm die Schuld am schwachen Auftritt pauschal auf sich, präsentierte aber auch noch keine plausible Erklärung.
An dieser Stelle muss der Ausfall des gesperrten Schlüsselspielers Amiri im Mittelfeldzentrum erwähnt werden. „Gerade die spielerische Komponente hat extrem gefehlt durch ihn“, meint Burkardt zwar, mahnt aber einmal mehr mit klaren Worten fehlende Basics wie Energie und Intensität an: „Das darf aber keine Ausrede sein für Dinge, die man eigentlich jede Woche auf dem Platz von uns sehen möchte. Die kann auch jeder andere bringen, dafür braucht man kein Talent. Das ärgert mich am meisten.“
Besorgniserregender Trend – Schlüsselspiel bei St. Pauli
Für Burkardt ist der Auftritt gegen Heidenheim eher nicht als einmaliger Ausrutscher abzutun, sondern mehr ein zumindest besorgniserregender Trend: „Man kann schon sagen, dass wir in dieser Saison noch nicht die Form von der letzten Saison gefunden haben und dass wir noch nicht so viel Power auf den Platz lassen konnten, wie wir es in der letzten Saison öfter getan haben. Das sollten wir schleunigst nächste Woche ändern, sonst wird es bei St. Pauli wieder extrem schwierig.“
Die Partie beim Aufsteiger aus Hamburg unmittelbar vor der Länderspielphase hat für Burkardt eine spezielle Bedeutung. „Wir haben gerade den Block mit vermeintlich gelichwertigen Gegnern, den möchten wir natürlich positiv abschließen. Deswegen ist das Spiel enorm wichtig für uns.“ Zuletzt gab es nur die drei in Augsburg ergatterten Zähler, eingerahmt von den bitteren Heimniederlagen gegen Bremen (1:2) und Heidenheim (0:2).
Die Worte von Burkardt sind allemal deutlich genug. Jetzt ist es an ihm und seinen Kollegen, es auf dem Platz besser zu machen, damit es für die Mainzer nicht wieder auf eine zehrende Saison im Abstiegskampf hinausläuft.