Andrichs Dribbling um die nicht gestellte Mentalitätsfrage

Nach dem bitteren 1:1 in Bochum läuft bei Bayer die Ursachensuche. Diese ist schwierig. Sechser Robert Andrich beantwortet dabei die gar nicht gestellte Mentalitätsfrage mit einem verbalen Dribbling und bemängelt den Willen in der Defensive.

Leverkusens Sechser bemängelt fehlenden Willen in der Defensive

Wenn Robert Andrich nach Spielen spricht, dann ist eines gesichert: Es kommen klare und unkompliziert formulierte Aussagen dabei heraus. Um den heißen Brei herumzureden, ist nicht die Art des Nationalspielers, wobei dieser clever genug ist, nicht in irgendwelche Fettnäpfchen zu treten.

Und so war seine Botschaft nach dem enttäuschenden 1:1-Unentschieden beim Tabellenletzten aus Bochum eindeutig, nämlich dass Bayer die Partie aufgrund der Defensivarbeit nicht gewonnen habe. „Am Ende hat gefehlt, dass wir zu Null spielen. Es ist ganz einfach gesagt und auch ganz einfach erklärt, dass wir es nicht geschafft haben, das 1:0 über die Zeit zu bringen“, antwortete der Sechser auf die Frage nach dem Grund für den doppelten Punktverlust mit Worten ohne jede Brisanz.

Andrichs bemerkenswerte Aussage zu Mentalität und Wille

Doch als er vom Klub-TV die an sich harmlose Frage gestellt bekam, was er erwarte, damit es im nächsten Spiel gegen Heidenheim wieder einen Dreier zu verbuchen gebe, setzte der 30-Jährige zu einem durchaus riskanten Dribbling an. „Man muss auch sehen, wie man die Spiele spielt“, erklärte Andrich, „heute muss man uns keine Mentalität absprechen. Man muss uns aber absprechen, diesen Willen zu haben, einfach zu Null zu spielen hinten.“

Ein Statement, das äußerst bemerkenswert ist. Hatte Andrich die Mentalitätsfrage doch gar nicht gestellt bekommen, aber sie dennoch für die Mannschaft positiv beantwortet. Und dennoch den Willen aller, als auch von sich selbst, konsequent zu verteidigen mehr als infrage gestellt. Wenn man Mentalität als den bedingungslosen Willen mit der absoluten Gier bei hoher Resilienz  definiert, touchierte Andrich zumindest die Mentalitätsfrage dann doch mit seiner Kritik.

„Das geht so nicht.“ (Robert Andrich)

Egal, ob Andrich die Mentalitätsfrage gezielt aufgriff oder nicht. Das Thema Wille hat er in jedem Fall erneut aufgerufen, nachdem Kapitän Lukas Hradecky und Leader Granit Xhaka in den Wochen zuvor in massiver Form Konsequenz in der Defensive und die absolute Gier angemahnt hatten. „Es waren nicht viele Möglichkeiten, die Bochum am Ende hatte, aber am Ende reicht eine Situation“, sagte Andrich bezüglich des Ausgleichtreffers, „dann fällt so ein lucky Goal, kein herausgespieltes Tor. Aber so fallen eben auch Tore, und so müssen wir die eben auch verteidigen. Das geht so nicht.“

Bayers Probleme sind schwer zu greifen. Auch weil die Auftritte des Meisters alles andere als Totalausfälle darstellen, sondern oft grundsätzlich gute Leistungen durch Schwächephasen und entsprechende Fehler oder unerklärliche Brüche im Spiel entwertet werden. So urteilte Andrich über das Leverkusener Ballbesitzspiel: „Wir hatten über weite Strecken wieder diese Ruhe und diese Ballzirkulation, wie wir uns das vorstellen. In einem schwierigen Spiel – auf schwierigem Geläuf, der Gegner steht mit dem Rücken zur Wand mit einem neuen Trainer – haben wir trotzdem die Ruhe bewahrt, den Gegner laufen lassen, aber haben es verpasst – das müssen wir uns ankreiden – das zweite Tor zu machen.“

„Wir gehen wieder mit einem schlechten Gefühl in die Länderspielpause.“ (Robert Andrich)

Es gibt mehrere Gründe, warum Bayer nicht wie gewünscht punktet. Verschiedene kleine Dinge, die dem großen Ganzen den ultimativen Glanz  der Vorsaison nehmen, in der Bayer national unbesiegt geblieben war. Jetzt setzte es in der Bundesliga auch erst eine Niederlage am 2. Spieltag gegen Leipzig (2:3), doch das fünfte Unentschieden aus den jüngsten sechs Liga-Spielen drückt aufs Gemüt. Jetzt das 1:1 in Bochum wie zuvor das 2:2 gegen Kiel am 6. Spieltag.

„Wir gehen wieder alle mit einem schlechten Gefühl in die Länderspielpause. Das hatten wir nach dem Kiel-Spiel schon gehabt. Das wollten wir alle nicht“, klagt Andrich, „und deswegen wird es ein paar Tage dauern, bis man die Zeit bei der Nationalmannschaft genießen kann. Heute tut das schon noch weh.“ Umso mehr, da die Probleme immer wieder auftreten.

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