Auch rund um die Weihnachtsfeiertage macht das knallharte Fußball-Business keinen Halt, wie unter anderem Thomas Tuchel oder Heiko Herrlich schon leidvoll erfahren mussten.
2005 bleibt unerreicht
62 Tage hielt die Amtszeit von Erik ten Hag, bevor er seinen Hut als Cheftrainer von Bayer 04 Leverkusen nehmen musste. Bereits nach dem 2. Spieltag der laufenden Saison war das der Fall. In den folgenden Wochen und Monaten sollten vier weitere Trainerentlassungen folgen, Gerardo Seoane in Gladbach, Paul Simonis in Wolfsburg sowie zuletzt jeweils Anfang Dezember Sandro Wagner in Augsburg und Bo Henriksen in Mainz.
Die Nachfolger und die 13 (Ex-)Kollegen dürfen nun immerhin auf relativ friedliche Feiertage hoffen, sollte nichts Unvorhergesehenes mehr passieren. Dass es aber auch anders laufen kann rund um das Fest der Liebe, das zeigt der Blick in die Vergangenheit nur zu gut.
Man muss dabei sogar gar nicht allzu weit zurückgehen: Vor fast genau zwölf Monaten traf es Bo Svensson. Der Däne musste zum zweiten Mal in Folge das neue Jahr ohne Festanstellung im Fußballtrainergeschäft beginnen, obwohl er sowohl zum Start der Saison 2023/24 als auch der Spielzeit 2024/25 jeweils in Amt und Würden gewesen war. Erst beim 1. FSV Mainz 05 und zuletzt bei Union Berlin.
Seine Zeit als Mainzer Cheftrainer hatte nach mehr als zweieinhalb Jahren Anfang November 2023 geendet. Im darauffolgenden Sommer heuerte Svensson als damalige Wunschlösung bei Union an, doch kurz nach Weihnachten war schon wieder Schluss. Am 27. Dezember stellten die Eisernen ihn nach nur einem halben Jahr und neun sieglosen Pflichtspielen in Folge frei.
Nach Peter Zeidler (VfL Bochum, 20. Oktober 2024) und Pellegrino Matarazzo (TSG Hoffenheim, 11. November 2024) war Svensson erst der dritte Trainer, der in der vergangenen Bundesliga-Saison noch vor dem Jahreswechsel seinen Hut nehmen musste. Zwei weniger also als in dieser Spielzeit und generell betrachtet ein eher geringer, aber kein außergewöhnlicher Wert im Vergleich zu den Trainerwechseln der Vorjahre.
Hitzlsperger und das „schlimmste Weihnachten meines Lebens“
In der Saison 2023/24 war Svensson einer von vier Bundesliga-Coaches, die noch vor dem Jahreswechsel gehen mussten oder, wie er selbst, ihren Rücktritt erklärten. Das Schicksal teilte er sich mit Enrico Maaßen (FC Augsburg, 9. Oktober 2023), Urs Fischer (einem seiner Union-Vorgänger, 15. November 2023) und Steffen Baumgart (1. FC Köln, 21. Dezember 2023).
Der Zeitpunkt rund um Weihnachten dürfte dabei im knallharten Fußball-Business weder im Fall Svensson noch bei Baumgart überraschen. Ohnehin geht es auch schlimmer: Die Entlassung von Thomas Tuchel bei Paris St. Germain sickerte an Heiligabend 2020 erstmals durch, bevor sie kurz nach Weihnachten offiziell wurde. Und der umstrittene Präsident und Eigentümer des FC Sion, Christian Constantin, – verantwortlich für über 50 Trainerwechsel – tauschte am 24. Dezember 2008 ebenfalls seinen Cheftrainer aus: sich selbst.
Doch zurück in die Bundesliga. Dort erwischte es unter anderem Heiko Herrlich bei Bayer 04 Leverkusen einen Tag vor Heiligabend, am 23. Dezember 2018. Das Fest war dadurch vermutlich ebenfalls ruiniert. Ähnlich wie bei Tim Walter, der auf den Tag genau ein Jahr später beim damaligen Zweitligisten VfB Stuttgart entlassen wurde. Auch für den damaligen Vorstandschef Thomas Hitzlsperger war es nach eigener Aussage gegenüber The Athletic das „schlimmste Weihnachten meines Lebens“.
Ein unrühmlicher Rekord
Herrlichs Aus in Leverkusen ist allerdings auch aus einem anderen Grund besonders. Es war die erst zweite Trainerentlassung der Saison 2018/19 (nach Tayfun Korkut in Stuttgart nach dem 7. Spieltag), mehr sollten bis Ende Januar auch nicht mehr folgen. Weniger Entlassungen bis zum Jahreswechsel gab es in den vergangenen sieben Saisons nicht. Ebenfalls genau drei gab es in der Spielzeit 2021/22. Ansonsten pendelte dieser Wert in den vergangenen Jahren zwischen vier und fünf Trainerwechseln vor dem neuen Jahr. Auch der diesjährige Wert ist also nicht untypisch.
Den größten Ausschlag dieses Pendels erlebte die Bundesliga vor 20 Jahren. In der Saison 2005/06 nahmen gleich acht Bundesligisten noch vor dem Jahreswechsel eine Veränderung auf der Trainerbank vor – Rekord.
Gehen mussten damals Klaus Augenthaler (Leverkusen, nach nur vier Bundesliga-Spielen), Wolfgang Wolf (Nürnberg), Ewald Lienen (Hannover), Michael Henke (Kaiserslautern), Norbert Meier (Duisburg), Ralf Rangnick (Schalke), Uwe Rapolder (Köln) und Holger Fach (Wolfsburg) – Letzterer übrigens am 19. Dezember. Im weiteren Saisonverlauf folgten dann immerhin nur noch zwei Trainerwechsel.
Auch rund um die Weihnachtsfeiertage macht das knallharte Fußball-Business keinen Halt, wie unter anderem Thomas Tuchel oder Heiko Herrlich schon leidvoll erfahren mussten.
