Die Verletztenliste bei Borussia Dortmund wird lang und länger: Im extrem wichtigen Spiel gegen RB Leipzig fällt nun auch noch Keeper Gregor Kobel aus. Trainer Nuri Sahin setzt auf seine wenigen fitten Spieler – und die Unterstützung der Fans.
Verletzungsmisere spitzt sich weiter zu – Sahin baut auf Fan-Unterstützung
Nuri Sahin hat in seiner langen Spielerkarriere so manche schwere Situation erlebt und überstanden. Eine Verletzungsmisere wie aktuell bei Borussia Dortmund – im Gleichschritt mit einer veritablen sportlichen Krise mit zuletzt drei Auswärtsniederlagen binnen sieben Tagen: Daran kann sich auch der 36-Jährige nicht erinnern. „So habe ich es nie erlebt. Zehn Verletzte – das ist eine Hausnummer“, sagt Sahin und versucht vor dem schweren Heimspiel gegen RB Leipzig den Blick aufs Positive zu richten: „Ich habe eine große Zuversicht. Wir werden eine gute Mannschaft auf dem Platz haben, auch wenn wir nicht so gut nachschießen können wie es zuletzt Wolfsburg konnte und vermutlich auch Leipzig kann. Wir hatten eine gute Einheit und wir sind zuhause schwer zu schlagen. Wir müssen jetzt noch enger zusammenrücken. Irgendwann wird es kippen.“
Auch Wätjen muss passen
Zunächst aber ist die Lage extrem heikel – zumal in Gregor Kobel (leichte Hüftprobleme) und Kjell Wätjen (Verletzung bei der U23) in dieser Woche zwei neue Ausfälle hinzukamen. Almugera Kabar fehlt zudem aufgrund seiner Gelb-Roten Karte gegen Augsburg. Und von den zuvor bereits verletzten Spielern besteht einzig bei Waldemar Anton eine – kleine – Hoffnung auf eine Rückkehr in den Kader. In Summe wird der BVB daher wieder mit einem extrem dünnen und mit Jugend- und U23-Spielern aufgefüllten Kader in die bedeutsame Partie gegen Leipzig gehen. In der Hoffnung, dass die verbliebenen Kräfte reichen, das Spiel zu gewinnen.
„Fakt ist, dass wir aktuell einige Punkte hinter RB sind. Aber wenn wir das Spiel ziehen, dann sind wir wieder näher dran. Unser Anspruch ist es, dass wir oben dran sind. Wir müssen diesmal das Feld von hinten aufrollen“, sagt Sahin, der nichts von der Debatte darüber hält, ob RB dem BVB derzeit den Rang abläuft: „Ich glaube nicht, dass das so schnell geht“, sagt Dortmunds Trainer und verweist auf die jüngere Vergangenheit: „Dafür waren wir zu stabil in den vergangenen Jahren. Das haben wir uns erarbeitet.“
RB hat bereits sieben Punkte Vorsprung
Aktuell aber ist die Lage heikel. Für den BVB. Und für Sahin. Nicht nur muss er den personellen Mangel verwalten. Er muss auch sportliche Lösungen für die derzeitigen Probleme – hinten zu viele Gegentore, vorne zu wenig Ertrag aus dem hohen Ballbesitz und der guten Passquote – finden. Und möglichst schnell Siege einfahren, um nach dem Aus in DFB-Pokal nicht in der Liga der Musik völlig hinterherzulaufen. Bereits jetzt hat RB sieben Punkte Vorsprung in der Tabelle.
„Die Leipziger haben eine sehr, sehr gute Mannschaft mit sehr, sehr vielen guten Spielern. Und sie haben einen Trainer, von dem ich sehr viel halte“, sagt Sahin über Marco Rose, seinen Vor-Vorgänger beim BVB. „Es ist sehr viel Qualität, die da auf uns wartet. Dem stellen wir viel Qualität gegenüber.“ Seine Mannschaft werde „da sein“, versprach Sahin – und baut dabei auch auf die Unterstützung der eigenen Fans, die dem Team nach dem 0:1 in Wolfsburg zuletzt die kalte Schulter gezeigt hatten.
Sahin über die Fans: „Brauchen sie mehr denn je“
„Unsere Fans werden da sein. Denn es gibt sehr wenige Fans, die mehr Gespür haben für eine Situation als unsere. Wir brauchen sie morgen mehr denn je“, sagt Sahin, der bei der Autogrammstunde am Mittwoch viel Zuspruch von den anwesenden Anhängern bekam, vor allem in den sozialen Medien allerdings heftig kritisiert wird.
Unter anderem dafür, dass er zuletzt trotz der hohen Ausfallquote in Augen etlicher Fans zu wenig auf die eigene Jugend gesetzt habe. Zwar feierten Kabar und Cole Campbell beim 1:2 in Augsburg in Debüt, ansonsten aber blieben viele Talente zuletzt häufiger auf der Bank. Sahin, der selbst als Jugendspieler beim BVB den Durchbruch zum Profi und später Leistungsträger feierte, begründet das unter anderem mit der Verantwortung, die er für die Talente habe: „Als bewusster Trainer ist es Teil des Jobs, junge Spieler so zu entwickeln wie es meine Trainer damals mit mir gemacht haben“, sagt Sahin. „Wir arbeiten eng mit den Nungs zusammen, auch wenn sie das nicht immer direkt in Minuten widerspiegelt.“
Schwere Situation für BVB-Talente
Es gäbe Situationen, die besser dafür geeignet wären, Talente reinzuwerfen als aktuell: „Der Wunschgedanke ist natürlich, zehn erfahrenen Spieler und einen jungen spielen zu lassen, wenn alles perfekt läuft. Dann kannst du ihm sagen: Schwimm einfach, die Jungs passen auf dich auf“, sagt Sahin. „Diese Situation aber haben wir aktuell nicht.“ Der eine oder andere dürfte angesichts der langen Ausfallliste am Samstag dennoch im Laufe der Partie eine Bewährungschance erhalten – und versuchen, aus der Not eine Tugend zu machen.