Beckers Selbstanklage: „Wir haben uns in die Hose geschissen“

Das letzte Aufeinandertreffen, am 13. Januar 2021 im DFB-Pokal, endete historisch mit einem 6:5-Erfolg im Elfmeterschießen, das Wiedersehen von Holstein Kiel mit dem FC Bayern dreieinhalb Jahre später geriet wieder denkwürdig – schlecht. Das 1:6-Debakel hat das Potenzial, tiefe Spuren zu hinterlassen.

Kiel ist hoffnungslos überfordert und mit dem 1:6 gegen Bayern noch gut bedient

Nach den ersten beiden Niederlagen in Hoffenheim (2:3) und gegen Wolfsburg (0:2) hatten sich die Schleswig-Holsteiner noch schöngeredet, dass ihnen nicht viel gefehlt habe. Am Samstagabend fehlte ihnen schlichtweg alles: taktisches Geschick, Zweikampfhärte, individuelle Qualität sowieso. Mildernde Umstände, dass es gegen den Rekordmeister ging, sind für den Neuling nach diesem Desaster nicht angebracht – weil er sich insbesondere in der Anfangsphase in jeglicher Hinsicht nicht bundesligatauglich zeigte, und Folgeschäden nicht ausgeschlossen sind nach der Art und Weise vor dem nun schon bedeutungsvollen Spiel beim VfL Bochum am kommenden Samstag.

Der rotgesperrte Marcel Rapp hatte gegen die Münchner, vertreten von Co-Trainer Dirk Bremser, zunächst auf eine Viererkette umgestellt und damit Schiffbruch erlitten. „Die Idee“, verriet Rapp nach der Partie vor dem Mannschaftsbus, „war, dass wir möglichst viele Spieler hinter den Ball kriegen.“ Doch die Idee war schnell konterkariert. Vor dem ersten Gegentor nach 14 Sekunden waren Patrick Erras und Carl Johansson desorientiert, vor dem zweiten hatte Lewis Holtby einen Blackout; Last-Minute-Leihgabe Dominik Javorcek hatte während seiner gesamten Spielzeit über 45 Minuten keinen lichten Moment, war hoffnungslos überfordert. Stabilität brachte auch die Rückkehr noch während des ersten Durchgangs zur Dreierkette nicht.

Becker: „Ich bin richtig wütend“

Erst nach dem Wechsel mit den Einwechselungen von Tymoteusz Puchacz und Max Geschwill stand Kiel etwas besser, allerdings auch gegen einen Gegner, der zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als nur einen Gang rausgenommen hatte. Verteidiger Timo Becker konnte der zweite Durchgang nicht über den ersten hinwegtrösten. „Das war einfach schlecht und ist unerklärlich. Wir haben uns in die Hosen geschissen. Ich bin richtig wütend.“ Ähnlich deutlich analysiert Angreifer Benedikt Pichler das Fehlerfestival: „Solche Fehler dürfen wir auch gegen Zweit- und Drittligisten nicht machen, sonst bekommen wir auch da Gegentore, und auf dem Niveau erst recht.“

Die Frage, welches Niveau Holstein erklimmen kann, stellt sich nach dem Fehlstart und dem Samstagabend mehr denn je. Die ersten beiden Gegner, mit denen sich die Störche auf Augenhöhe gesehen hatten, haben, das relativiert die knappen Spielverläufe, alle anderen Ligaauftritte verloren, die Bayern haben ihnen eine Lektion erteilt und Becker sagt zur vermeintlich besseren zweiten Spielhälfte schonungslos ehrlich: „Da haben sie mehrere Gänge zurückgeschaltet.“

Ob Holstein Gänge hochschalten kann, wird sich schon in Bochum zeigen. Kapitän Holtby fordert vor dem ersten Kellerduell, positiv zu bleiben. „Nach wenigen Sekunden und spätestens nach meinem Fehler vor dem 0:2 war mir klar, dass es ein langer Abend wird. Aber wir dürfen uns jetzt nicht schlechtmachen und schlechtreden, sonst wird es bis Bochum eine eklige Woche. Wir müssen lernen aus diesen ersten Partien und aus diesem Spiel.“ Sonst drohen dem Aufsteiger noch mehrere eklige Wochen.

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